Die Bedeutung der Vitaminzufuhr für Ernährung, Fitness und Gesundheit des Menschen

Von Friedrich Reuss, Egloffstein

Vitamine sind organische Substanzen, die im Körper eine katalytische Funktion bei den biochemischen Reaktionen des Stoffwechsels haben. Sie müssen von außen zugeführt werden und sind keine Baustoffe des Körpers (sonst müsste man z. B. auch die Aminosäuren zu den Vitaminen zählen).
Die klassische Vorstellung geht davon aus, dass eine Mangelversorgung bei einem Vitamin rasch zu einer Verminderung der betreffenden biochemischen Reaktionen und schließlich zum Zusammenbruch des Körpers führt.

Ein gravierender Vitaminmangel ist längerfristig nicht mit dem Leben vereinbar.

Unter dieser Denkvorstellung glauben die Vitaminforscher lange Zeit, den Vitaminbedarf des Menschen rasch und sicher mit Experimenten bestimmen zu können, die einen künstlichen Vitaminmangel erzeugen. Erste Unsicherheiten der Methode ergaben sich daraus, dass die Toleranz gegenüber einer grenzwertigen Versorgung mit Vitaminen bei den Menschen sehr verschieden festgestellt wird. Dies ist offenbar abhängig von genetischen Faktoren (einschließlich Resorption), von der Anwesenheit und Verfügbarkeit anderer Nährstoffe und vom aktuellen Stoffwechselgeschehen.

Später erkannte man, dass die meisten Vitamine eine Vielzahl biochemischer Reaktionen steuern und dass für deren Funktion unterschiedliche Vitaminmengen ausreichen. Somit hängt der experimentell ermittelte Vitaminbedarf des Menschen von der Stoffwechselfunktion ab, die hierbei als Maßstab verwendet wird.

In dieser Situation ist klar, dass der Vitaminbedarf des Menschen schließlich von der biochemischen Funktion abhängt, die die höchste Zufuhrmenge eines Vitamines erfordert. Das hört sich einfach an, ist aber sehr folgenreich, denn niemand kann davon ausgehen, dass wir schon alle Funktionen eines Vitamines kennen. Wahrscheinlich ist eher das Gegenteil richtig, nämlich dass wir bei den meisten Vitaminen noch nicht alle dadurch gesteuerten Funktionen kennen.

Ein typisches Beispiel ist das Vitamin K, das man früher nur als Gerinnungsvitamin gesehen hat und bei dem man danach einen Vitaminbedarf von etwa 40-80 µg pro Tag angenommen hat. Heute wissen wir, dass Vitamin K auch eine sehr wichtige Rolle bei der Synthese bzw. Remodellierung von Kollagen und Knochensubstanz spielt. Für diese Funktion sind aber offensichtliche sehr viel höhere Vitaminzufuhren optimal – die Diskussion bewegt sich derzeit zwischen 250 und 1.000 µg (Mengen, die man mit grünem Gemüse durchaus erreichen kann).

Ein ähnliches Beispiel ist das Vitamin C, bei dem offenbar sehr geringe Mengen (20-40 mg) ausreichen, um die Kollagensynthese im Menschen aufrecht zu erhalten. Für den antioxidativen Zellschutz sind aber sehr viel höhere Zufuhren (etwa zwischen 200 und 1.000 mg) erforderlich und hier sind wir noch in der Phase der Dosisoptimierung.

Auswirkungen eines Vitaminmangels

Manche Vitaminwirkungen finden gewissermaßen im Verborgenen statt und der Unterschied zwischen einer guten und einer schlechten Vitaminversorgung wird erst nach Monaten, Jahren oder gar Jahrzehnten sichtbar. Das sind Zeiträume, die weit über den Zeitrahmen früherer Vitaminstudien hinausgehen. Präzise neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind hier erst nach langer Zeit zu erwarten. Gerade bei den Vitaminen mit antioxidativer Wirkung sind Studien zur Auffindung einer Optimalversorgung schwierig, weil Schäden durch unzureichende Vitaminversorgung hier oft erst nach Jahrzehnten sichtbar werden.

Zwar kann der Biochemiker oder Laborarzt den antioxidativen Zellschutz an einigen Laborwerten abschätzen, den Einfluss auf die Langzeitgesundheit kann man aber nur unter Realzeitbedingungen zuverlässig bewerten und quantifizieren.

Ähnlich steht es bei den Vitaminwirkungen, die den Krebsschutz oder den Erhalt eines leistungsfähigen Immunsystems beim Gesunden gewährleisten sollen.

In dieser Situation stellt sich die hochethische gesundheitspolitische Frage, ob man warten soll, bis z. B. der Krebsschutz durch antioxidative Nährstoffe exakt ausgemessen ist, oder ob man die Vitaminempfehlungen schon dann anheben soll, wenn die positive Tendenz gesichert ist, ohne dass eine schädliche Wirkung bekannt ist. Diese Kernfrage haben wir derzeit insbesondere bei den antioxidativen Vitaminen.

Wir wissen, dass eine wesentlich höhere Zufuhr als die bislang empfohlene Basiszufuhr, das Risiko bei zahlreichen Erkrankungen senkt. Trotzdem weigern sich die Behörden mancher Länder, höhere Vitaminzufuhren als Ernährung anzuerkennen. Offenbar müssen noch viele Millionen Menschen an Zivilisationserkrankungen sterben, bis so gute statistische Daten vorliegen, dass die Behörden und nationalen Ernährungsgesellschaften die Vitaminverzehrsempfehlungen deutlich anheben werden.

Natürlich sollten Vitamindosierungen so bemessen sein, dass auch unter ungünstigen Umständen dem Menschen kein Schaden entstehen kann. Die jahrzehntelangen Erfahrungen bei der Anwendung von Nahrungsergänzungen in Ländern mit „liberalem Lebensmittelrecht“ haben gezeigt, dass es höchst selten zu ernsthaften unerwünschten Vitamineffekten kommt. Soweit überhaupt Intoxikationen bekannt wurden, beruhten diese auf krasser Fehlanwendung oder auf grober Fehldosierung kritischer Vitamine beim Hersteller. So kam man bald zu der Einsicht, dass eigentlich nur die Vitamine A und D ein gewisses Risiko darstellen, weil hier der Sicherheitsfaktor zwischen empfohlener Zufuhr und möglicherweise nachteiliger Dosis den Wert 10 unterschreitet. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse haben aber auch hier weitgehend Entwarnung gegeben: Vitamin A gilt heute bei weitem nicht mehr so sehr als embryotoxisch und auch Vitamin D ist nach heutigem Stand bis zu relativ hohen und in der Regel unnötig hohen Dosierungen unschädlich. Die starke Beschränkung der Nahrungsergänzung mit den Vitaminen A und D in Deutschland ist daher wissenschaftlich längst überholt, dennoch kommt es hier nicht zu einem Umdenken durch die deutschen Behörden. Erst die Zwänge durch EU-Recht werden hier eine Normalisierung einleiten.

Amtliche Empfehlungen – optimale Versorgung?

Vereinfacht kann man heute sagen, dass die B-Vitamine, Vitamin C und Vitamin E bis zum 100-fachen der amtlichen Basisempfehlung sicher sind und die Vitamine A und K bis zu 10-fachen und Vitamin D mindestens bis zum 5-fachen.
Wir können also die modernen Vitamindosierungen ohne relevante Risiken nutzen. Allerdings ist es stets klug, die Vitamine in vernünftiger Kombination zu verwenden und nicht ein Einzelvitamin in Extremdosierungen zu konsumieren. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu wissen, dass auch die guten antioxidativen Vitamine bei exzessiver Zufuhr prooxidativ werden können – wenn sie einzeln aufgenommen werden. Die Kombination der antioxidativen Vitamine miteinander und mit antioxidativen sekundären Pflanzenstoffen beseitigt mit hoher Sicherheit das prooxidative Risiko, sodass lebensmittelrechtliche Mengenbegrenzungen bei den genannten Nährstoffen nicht begründet sind.

Ein neuer Weg zur Annäherung an eine optimale Vitaminzufuhr ist die Steinzeit-Ernährungsforschung. Hier haben verschiedene Forschergruppen in der Welt Erkenntnisse über die Ernährung unserer Vorfahren zusammengetragen. Bei aller Verschiedenheit durch klimatische und regionale Unterschiede kann man sagen, dass unsere Vorfahren bis zu 10 x so viel Vitamine (und andere Mikronährstoffe) aufgenommen haben, wie die derzeitigen amtlichen Empfehlungen besagen. Nähere Einzelheiten hierzu sind meinem Artikel über die Steinzeiternährung zu entnehmen.

Die Ernährungsevolution in den letzten 100 Jahren

Die neuzeitliche Ernährung ist gerade in den letzten 100 Jahren erheblich vitaminärmer geworden: Die gesteigerten landwirtschaftlichen Erträge haben geringere Vitamindichten zur Folge gehabt und die industrielle Verarbeitung und Lagerung haben die Nahrung eines großen Teiles der Vitamine beraubt. Typisches Beispiel ist das Getreide: Man entfernt beim Mahlen den vitaminreichen Keim, man hat zeitweise sogar noch die Reste an Vitamin B2 weggebleicht, hat das Mehl durch lange Lagerzeiten unter dem Vorwand einer verbesserten Backqualität vitaminverarmt und die letzten Spuren an Vitaminen schließlich durch Kochen und Backen weiter reduziert. Die letzten 100 Jahre der Lebensmittelindustrie waren eine Zeit fortschreitender Lebensmittelzerstörung und ein konsequenter Weg zum programmierten Frühableben des ahnungslosen Konsumenten. Erst der Gedanke der Reformernährung und heute der Bioernährung haben zu einem langsamen Umdenken geführt. Wer aber z. B. 50 Jahr lang minderwertiges, vitaminverarmtes Essen verzehrt hat, der hat dadurch wahrscheinlich viele mögliche Jahre eines gesunden Lebens eingebüßt. Dass lässt sich auch mit teuren und hochdosierten Nahrungsergänzungen kaum noch rückgängig machen.

Unsere heutigen Möglichkeiten

Biologisch ist der Mensch nach heutigem Wissenstand durchaus in der Lage 100-120 Jahre bei guter Gesundheit zu leben, wenn er seine Lebensweise, Ernährung und insbesondere seine Vitaminzufuhr optimiert. Ein Philosoph müsste sagen „Die Kunst des Lebens besteht darin, bei guter Gesundheit alt zu werden und möglichst ohne Krankheit zu sterben.“ (Eine wahrhaft provokative Vorstellung für viele Wirtschaftskreise, die derzeit am deutschen „Krankheitswesen“ verdienen!) Mit optimaler Ernährung bzw. Vitaminversorgung und vernünftiger Lebensweise (Stressmeidung und maßvolle körperliche Aktivität) ist das für die meisten Menschen erreichbar! Wir müssen es nur konsequent wollen und auch die politischen Voraussetzungen dafür durchsetzen. Die Europa-Bürger haben einen Rechtsanspruch auf gesunde Ernährung und sinnvolle Nahrungsergänzung und müssen diese bei den Politikern einfordern. Auf die von wissenschaftlichem Beharrungsvermögen, Industrieinteressen und Eigeninteresse gesteuerten Ernährungsgesellschaften ist hierbei offensichtlich kein Verlass! (Siehe hierzu den eigenen Artikel zur Korrektur der Nährstoffempfehlungen der DGE im Jahr 2000!)

 


Über unseren Gastautor Friedrich Reuss

Friedrich Reuss schloss 1966 sein Studium der Chemie mit Diplom an der Universität Münster ab. Er war im Anschluss als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut der organischen Chemie tätig und agierte in der Abteilung von Prof. Dyong im Bereich der bioaktiven Pflanzenzucker. Nach seiner Tätigkeit als Chemielehrer wirkte Friedrich Reuss knapp 25 Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem namhaften pharmazeutischen Unternehmen. Sein Schwerpunkt bildete die Erforschung der künstlichen Ernährung sowie die Untersuchung von Aminosäuren, Vitamine, Mineralien, Spurenelemente, Carnitine, Taurine und Glutathion.

Seit 1993 ist er amtlich bestellter Sachverständiger der Industrie- und Handelskammer Nürnberg mit den Schwerpunkten besonderer Lebensmittel wie z. B. Nahrungsergänzungen und Sporternährung. Seit 2013 ist er ebenfalls bestellter Sachverständiger für die IHK Suhl/Thüringen. Innerhalb der letzten 25 Jahre betreute er im Rahmen seiner Tätigkeit die Zulassung von mind. 500 Nahrungsergänzungsmitteln. Seine Gutachten beeinflussten hierbei nicht nur viele Entscheidungen des deutschen obersten Gerichtshofs, sondern auch die des Europäischen Gerichtshofs.

Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen sowie eines Buchs über die ernährungsmedizinische Bedeutung von Glutathion für Zellen und Immunität.

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